Ich war ein Zuckerjunkie - so habe ich es geschafft weniger Zucker zu essen
- Claudia Kastizen
- 17. Feb.
- 4 Min. Lesezeit

Morgens Zucker im Cappuccino, vormittags im Büro Latte Macchiato mit Karamelsirup, nach dem Mittagessen ein Schokoriegel aus der Süßigkeitenschublade, nachmittags als Snack und abends nach dem Sport nochmal. Und das jeden Tag! So war das.
Insgeheim wusste ich, dass ein so hoher Zuckerkonsum nicht gesund ist. Aber mein innerer Schweinehund tat alles dafür, dass ich diese Zuckersucht einfach nicht in den Griff bekam.
Zucker befeuert Entzündungen
Und dann auch noch das: Achillessehnenentzündung! Das bedeutete in meinem Fall: Mein heiß geliebtes Balletttraining jedes Mal früher beenden. Denn am Ende des Trainings kommen die Sprünge, kleine, mittlere und große. Das ist der krönende Abschluss, darauf trainiert man hin. Am Ende des Unterrichts will jeder Tänzer und jede Tänzerin durch den Saal fliegen – genau da war jedes Mal Ende Gelände für mich. Durch die Glastür habe ich den anderen dabei zugesehen. Denn Sprünge sind für eine Achillessehnenentzündung so wie das sprichwörtliche Öl fürs Feuer.
Damals wusste ich es noch nicht: Meine Achillessehnenentzündung hing stark mit meinem Zuckerkonsum zusammen. Jeden Tag habe ich die Entzündung mit meiner Ernährung befeuert.
Zuerst versuchte ich meine Achillessehne mit den üblichen Methoden zu heilen: Tägliches dehnen, kühlen und massieren. Und der Verzicht auf Sprünge. Es war mühsam und trotz meiner Bemühungen stellte sich keine Besserung ein. Über zwei Jahre!
Eine Freundin, die damals mit mir trainierte, erzählte mir von ihrer Entzündung im Fuß und dass sie deshalb bei der Ernährungsberatung war – Verzicht auf Zucker sollte Heilung bringen, denn Zucker würde Entzündungen auslösen. Ich war skeptisch.
Als ich zu meinem Ballettlehrer sagte, der auch Physiotherapeut ist, dass ich schön langsam nicht mehr wüsste, was ich noch alles gegen meine Achillessehnenentzündung machen sollte, sagte er glatt zu mir: „Geh mal zur Ernährungsberatung.“ Ich war immer noch skeptisch.
Entzündung weg und 4 Kilo weniger 😊
Kurze Zeit später hatten wir Urlaub. Eine Woche Südtirol und eine Woche Gardasee. Ausgerechnet da hat es endlich Klick gemacht: Ich konnte im Urlaub meinen Zuckerkonsum reduzieren und habe es sogar geschafft neue und gesündere Gewohnheiten in den Alltag mitzunehmen. Und es fiel mir tatsächlich nicht schwer, das fand ich schon damals erstaunlich. Dabei habe ich immer noch nicht an meine Achillessehnenentzündung gedacht. Ich wollte nur diese ungesunde Zuckersucht endlich in den Griff kriegen. Was dann innerhalb von kürzester Zeit passiert ist, ist für mich nach wie vor ein kleines Wunder (für das es natürlich eine wissenschaftliche Erklärung gibt, s. weiter unten): Plötzlich war diese fiese Entzündung weg! Zuerst dachte ich, es würde einfach nur an der Trainingspause liegen. Doch das ist jetzt etwa 10 Jahre her und die Entzündung ist bis heute nicht wieder gekommen. Trotz regelmäßigem Training und vieler wunderschöner Sprünge! On top kam noch eine unerwartete Gewichtsreduktion: Ich habe nur durch Zuckerverzicht 4 Kilo abgenommen.
Gewohnheiten finden im Kontext statt - So reduzierst du deinen Zuckerkonsum
Warum fiel es mir ausgerechnet in einem dolce vita Urlaub nicht schwer auf die ganzen verführerischen dolcis zu verzichten? Folgende Erklärungen habe ich gefunden, die für mich und mein Verhalten plausibel sind:
Gewohnheiten finden in einem gewissen Kontext und in einer gewissen Umgebung statt (ein Beispiel ist die immer gut gefüllte Süßigkeitenschublade in meinem Büro, die zum Glück der Vergangenheit angehört). Ändert sich mein Alltag und auch meine Umgebung, so wie im Urlaub, kann ich ohne Probleme neue und gesündere Gewohnheiten beginnen (um bei meinem Beispiel zu bleiben: im Urlaub gibt es einfach kein Büro und deshalb auch keine Süßigkeitenschublade).
Der Hirnforscher Martin Korte nennt noch eine weitere Erklärung: „Sind wir im Urlaub und dort weitgehend frei von der Hektik des Alltags, davon Deadlines zu erreichen, Termine zu schaffen, kann das Gehirn sich wieder stärker auf Gehirnareale fokussieren, die auf unsere inneren Wünsche und Ziele ausgerichtet sind.“¹
Also konnte sich mein Gehirn im Urlaub endlich darauf konzentrieren meinen Wunsch nach Zuckerreduktion mit der nötigen Kraft und Beharrlichkeit anzugehen.
Das war auch bitter nötig. Denn „Zucker belastet das Bindegewebe. Er verhärtet und beschädigt das Kollagen und Elastin in Haut, Sehnen und Gelenken. Die Ursache sind klebrige Zucker-Eiweiß-Verbindungen […]. Diese sind an der Entwicklung chronischer Entzündungen und entzündlicher Prozesse im Körper beteiligt.“²
Es ist erlaubt kleine Mengen Zucker zu genießen
Und so sieht das heute aus: Ich liebe Zucker leider noch immer. Aber an den meisten Tagen schaffe ich es, nur eine Portion Süßigkeiten direkt nach dem Mittagessen zu genießen. Und ich arbeite daran mindestens 1-2 Tage pro Woche zuckerfrei zu essen.
Ich bin überzeugt: Es kann bei jedem Menschen Klick machen. Man muss nur jeden Menschen individuell betrachten, verstehen, seine Gewohnheiten analysieren und rauskriegen, wie es ihr oder ihm leichtfällt, ungesunde Routinen über den Haufen zu werfen. Es gibt nicht den einen Ratschlag, der für alle Menschen passt. Hier kann eine individuelle Ernährungsberatung hilfreiche Tipps und Tricks bieten (die ich selbst vor 10 Jahren in Anspruch hätte nehmen sollen!).
² Dr. med. Fleck, Anne, Dr. med. Klasen, Jörn, Dr. med. Riedl, Matthias, Dr. med. Schäfer, Silja: „Die Ernährungsdocs, Zuckerfrei gesünder leben“, 5. Auflage 2021, Edel Verlagsgruppe GmbH, München, ISBN 978-3-96584-003-4.








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