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Wenn der Bauch in die Wechseljahre kommt

Aktualisiert: 19. Nov.

Bauch einer Frau in den Wechseljahre, Zitat von Ernährungsberaterin und Journalistin Claudia Kastizenn

Diese Klagen höre ich immer wieder von Frauen in der Lebensmitte: „dieser nervige Wechseljahrsbauch“, „ich hatte mein Leben lang einen flachen Bauch und jetzt ist da plötzlich diese extra Fettschicht“, „von heute auf morgen 3 kg zugenommen, jetzt spannt meine Hose“. Frau darf sich hier zurecht beschweren, denn eine ungewollte Gewichtszunahme in der Körpermitte und zu eng gewordene Klamotten sind absolute Stimmungskiller. Noch schlimmer: Nehmen die Kilos am Bauch überhand, kann die Gesundheit darunter leiden und das Risiko für Krankheiten steigt.


Das Wichtigste gleich vorneweg: Hier geht es nicht um mangelnde Disziplin! Denn viele Frauen ernähren sich gesund, machen Sport und legen in den Wechseljahren trotzdem am Bauch zu. Was jetzt hilft: Verstehen, was gerade im Körper vor sich geht und Ernährung und Sport dementsprechend anpassen. Eine Gewichtsabnahme ist auch in den Wechseljahren möglich.


Taillen- und Hüftumfang als wichtige Gesundheitsmarker:

Zu unserem aktuellen weiblichen Schönheitsideal gehört eine Taille, die schlanker ist als Hüfte und Brust. Eine Figur also wie eine Sanduhr. Dabei kommt es nicht darauf an, dass frau die absolut unrealistischen Modelmaße 90-60-90 erreicht, sondern der Umfang der Taille niedriger ist als der Umfang der Hüfte. Auch aus gesundheitlichen Gründen ist der sog. Taille-Hüft-Quotient (Waist-to-Hip-Ratio, kurz WHR) relevant: An diesem Wert kann man eine ungünstige Zunahme von Bauchfett erkennen. So wird gemessen: Mit einem nicht dehnbaren Maßband misst man an der schlankesten Stelle der Taille. Bei Frauen ist das ca. 2-3 cm oberhalb des Bauchnabels. Anschließend wird der Hüftumfang an der breitesten Stelle des Gesäßes gemessen. Jetzt den Bauchumfang in Zentimeter durch den Hüftumfang in Zentimeter teilen. Als ungünstig und gesundheitlich bedenklich gelten bei Frauen Ergebniswerte ab 0,85.


Auch der Taillenumfang alleine ist schon aussagekräftig: Ein gesundheitlich bedenklicher Bauchumfang beginnt bei Frauen ab 80 cm. Ab 88 Zentimeter spricht man aus medizinischer Sicht von einer bauchbetonten oder auch rumpfbetonten Adipositas.


Apfel- und Birnenform - was passiert, wenn der Bauch in die Wechseljahre kommt?

Die meisten Frauen haben von Natur aus eine sogenannte Birnenform, das heißt dass die Hüften breiter sind als die Taille. Verändert sich in den Wechseljahren der weibliche Hormonhaushalt (die Östrogenspiegel sinken und das Verhältnis Östrogen zu Testosteron verschiebt sich), kann sich damit die Fettverteilung ändern: Saßen die Speckpölsterchen in der Vergangenheit eher an Hüften und Po, wandern sie jetzt in Richtung Bauch. Denn in den Wechseljahren wird der weibliche Hormonhaushalt dem männlichen immer ähnlicher. Deshalb wird aus einer Birnenform mit der Zeit eher eine Apfelform und es kann zu vermehrter Fetteinlagerung am Bauch kommen. Allerdings unterscheiden sich Pölsterchen an Hüfte und Po ganz erheblich von denen am Bauch.


Subkutanes vs. viszerales Fett:

Das subkutane Fett oder auch Unterhautfettgewebe liegt direkt unter der Haut, z. B. an Armen, Beinen oder Hüften. Diese Fettreserven sollen uns aus evolutionsbiologischer Sicht auf die nächste Hungersnot vorbereiten. Was in früheren Epochen überlebenswichtig war, ist im heutigen Mitteleuropa mit dem Überangebot an Nahrungsmitteln eher nicht mehr notwendig. Nimmt dieses subkutane Fettgewebe überhand, liegt der Mensch also mit seinem Gewicht im Bereich von starkem Übergewicht oder sogar Adipositas, tauchen gesundheitliche Risiken auf. Wer Normalgewicht hat, braucht sich um subkutanes Fett erstmal nicht sorgen, an Armen, Beinen oder Hüften ist es harmlos. Allerdings sollte sich subkutanes Fett nicht übermäßig am Bauch ablagern, denn genau hier erhöht es das Risiko für eine Leberverfettung.

 

Besorgniserregend ist das viszerale Fett: Denn es sitzt tiefer und sammelt sich in der Bauchhöhle im Bereich der Organe an. Bis zu einem gewissen Grad schützt es dabei die Organe und der Körper kann es auch in Energie umwandeln. Allerdings produziert dieses Fett Botenstoffe, die der Gesundheit schaden: ungesunde Fettsäuren, krankmachende Proteine, Leptine oder Zytokine. Diese Stoffe lassen Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörungen entstehen, können den Prozess zur Auflösung eines Blutgerinnsels hemmen, das Sättigungsgefühl durcheinanderbringen und Entzündungen fördern. Das Risiko für Krankheiten wie Schlaganfall, Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck, metabolisches Syndrom oder Demenz steigt. Dabei ist wichtig zu sagen, dass selbst schlank aussehende Menschen zu viel viszerales Bauchfett haben können.

 

Wenn der Bauch in die Wechseljahre kommt und frau um die Körpermitte zulegt, kann sich sowohl das subkutane als auch das viszerale Bauchfett vermehren. Genau untersuchen und auch herausfinden lässt sich das nur mit einem MRT, das ist natürlich zu aufwändig. Anders gesagt: Schafft frau es die neu angelegten Kilos wieder loszuwerden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch das viszerale Bauchfett schrumpft. Dabei muss man im Hinterkopf behalten, dass eine gezielte Gewichtsreduktion am Bauch nicht planbar ist und etwa 10% aller Menschen, die abnehmen, ihr viszerales Bauchfett trotzdem behalten. Im Umkehrschluss heißt das aber: 90% reduzieren das innere Bauchfett. Gute Aussichten!


Gewichtsabnahme in den Wechseljahren:

Das Wichtigste ist erstmal eine Kalorienreduktion. Das heißt jetzt nicht weniger essen oder hungern – auf keinen Fall! Konkret: Nährstoffe rauf, Kalorien runter. Das schafft man durch kluges „Ersetzen“ und eine Verschiebung der Makronährstoffe:

-          Mindestens die Hälfte des Tellers – besser noch 2/3 – sollen mit Gemüse (und / oder Obst) gefüllt sein. Dabei so vielfältig und bunt wie möglich essen.

-          Auf einem Viertel des Tellers liegen Proteine, wie Hülsenfrüchte, Pilze, Nüsse, Samen, Sojaprodukte, Fisch, Eier oder Milchprodukte. In Maßen dürfen hier auch mageres (Hühnchen-) Fleisch liegen.

-          Das zweite Viertel ist für Kohlenhydrate reserviert: Nudeln, Reis und Brot in der Vollkornvariante, Kartoffeln.

-          Ein Klecks hochwertiges Fett (Olivenöl, Rapsöl oder Leinöl) darf nicht fehlen.


Essentiell: Reduktion von zuckerhaltigen Lebensmitteln und auch Getränken! Hier ist es wichtig sowohl den offensichtlichen Zucker (z. B. in Süßigkeiten oder Limonaden), als auch den versteckten Zucker (z. B. in sauer eingelegtem Gemüse oder Fertigsoßen) zu erkennen und zu reduzieren. Wer Zucker und auch verarbeitete Kohlenhydrate meidet, kann nachweislich auch das viszerale Bauchfett minimieren.


Darmgesund essen für einen flachen Bauch:

Geht es dem Darm nicht gut und er kann seine Arbeit nicht richtig erledigen, stehen oft Blähungen oder Verstopfung an der Tagesordnung. Das sorgt optisch für einen „dickeren“ Bauch, er wölbt sich und kann schmerzen. Eine darmgesunde Ernährung beinhaltet viele Ballaststoffe, Probiotika und ausreichend Flüssigkeit (am besten in Form von Wasser).


Ohne Sport geht’s nicht:

Wer Gewicht verlieren möchte, sollte unbedingt verhindern, dass dabei Muskelmasse abgebaut wird. Spätestens in den Wechseljahren legt frau den Grundstein für gesundes Älterwerden. Die Muskeln sollen später vor Stürzen bewahren und ein selbstständiges Leben bis ins hohe Alter ermöglichen. Deshalb hilft Sport in den Wechseljahren in vielerlei Hinsicht: Er unterstützt die Gewichtsabnahme, indem er den Grundumsatz anhebt. Er kräftigt die Muskeln, er hellt die Stimmung auf und er macht die Körpersilhouette straffer. Im besten Fall findet eine Kombination von Ausdauer- und Krafttraining regelmäßig statt. Dabei zählen auch schon vermeintliche „Kleinigkeiten“, wie schnelles Spazierengehen, Radfahren und Treppe statt Lift nehmen.


Fazit: Für manche Frauen ist es in den Wechseljahren bestimmt mühsamer als früher Gewicht abzubauen. Und dass der Bauch wieder so aussieht wie in jungen Jahren ist nicht einfach. Doch mit der nötigen Konsequenz und einer individuellen Begleitung durch eine Ernährungsberatung kann frau sich viel Gutes tun und bald auch wieder in ihrer Haut wohl fühlen.

 

 

Quellen:

Podcast Hormongesteuert

BMI und Waist-to-Hip-Ratio letzter Aufruf am 12.11.25

Dr. Iwan, Alexa und Prof. Dr. Froböse, Ingo: „Neustart Wechseljahre“, 1. Auflage 2023, Südwest Verlag, München, ISBN 978-3-517-10217-7.

 
 
 

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