top of page

Versteckter Zucker im Salat

Von einer "Salatkräutermischung", die zu fast 96% gar nicht aus Kräutern besteht - so entlarvst Du versteckten Zucker.


verschiedene Zuckersorten, Zitat über versteckten Zucker, Logo von bunt&gesund


Mein Mann läuft gern und viel. Ehrlich gesagt so gern und so viel, dass es mir manchmal unheimlich ist. Seit zwei Jahren auch noch Trailrunning – Berge hoch und wieder runter, egal ob bei Hitze oder Regen. Und völlig wurst, um welche Uhrzeit er dafür aufstehen muss – er tut`s einfach!

Nach einem seiner Trailruns kam er mal wieder mit einem Beutel Giveaways heim. Das ist immer der Moment, in dem sich meine Tochter und ich am meisten freuen: Er ist wieder heil da und hat Geschenke im Gepäck. Diesmal waren mehrere Päckchen „Salatkräuter“ eines bekannten Herstellers dabei. Perfekt, dachte ich, mir waren gerade die getrockneten Kräuter ausgegangen und die setzen meiner Meinung nach jeder Salatsoße geschmacklich die Krone auf. Außerdem sind Kräuter natürlich super gesund.

Die Verpackung versprach viel: In den unterschiedlichsten Grüntönen kamen die leckersten Kräuter daher. Die ganze Aufmachung schrie: „Ich bin so gesund und frisch – du musst mich nur in dein Dressing einrühren“. Ich war auch kurz davor es zu tun, denn wieso sollte ich misstrauisch sein? Ich sah die abfotografierten (und mit Sicherheit digital bearbeiteten) knackigen Kräuter doch mit meinen eigenen Augen.

 

Einkaufstipp: Zutatenliste auf der Packungsrückseite lesen und nach verstecktem Zucker suchen

Bevor ich die Kräuter über meinen Salat rieseln ließ, drehte ich den kleinen Beutel um und warf einen Blick auf die Rückseite der Verpackung. Katastrophe! Das, was da drin war, hat mit Kräutern so wenig zu tun wie Löwe mit Veganismus! Deshalb lagen die Beutel kurze Zeit später im Müll.

Doch das ließ mich als neugierige Journalistin nicht mehr los. Im Supermarkt knöpfte ich mir das Regal mit den Salatkräutern vor, schnappte mir eine Trockenmischung „Balsamicokräuter“ vom bekannten Hersteller und analysierte den Inhalt genauer. Hier noch die wichtigste Info, um die Zutatenliste überhaupt zu verstehen: Die Zutaten sind mengenmäßig nach der Reihe aufgelistet. Das heißt, dass die Zutat mit dem größten Gewichtsanteil an erster Stelle steht, anschließend die mengenmäßig zweitgrößte Zutat… und so weiter.

 

Versteckter Zucker in vermeintlich gesunden Lebensmitteln

Was war also wirklich in den „Balsamicokräutern“ drin? Erwartet habe ich so etwas wie Petersilie, Schnittlauch oder auch Basilikum, und zwar ganz weit vorne in der Liste. Aber die Realität sah anders aus: Da stand an erster Stelle tatsächlich ZUCKER! An zweiter Stelle: STÄRKE! An dritter Stelle: JODIERTES SPEISESALZ!  An vierter Stelle: MALTODEXTRIN! Dann folgten weitere Zusatzstoffe und an siebter Stelle – Halleluja! – endlich KRÄUTER, wenn auch nur 4,2% Petersilie und Oregano. In der restlichen Auflistung waren noch Rohrzucker, Milchzucker und Gerstenmalzextrakt zu lesen. Das heißt: Mengenmäßig waren nur 4,2% dieser Kräuter-Trockenmischung auch wirklich Kräuter. 95,8% der Mischung hatten nichts mit Kräutern zu tun – bämm! Unglaublich!

Dass der Hersteller an erster Stelle schon Zucker angibt, heißt: Die mengenmäßig größte Zutat in dieser Kräutermischung ist Zucker. Meine Meinung: Zucker hat in einem Salat rein gar nichts verloren! Denn so wird der vermeintlich gesunde Salat zur absoluten Zuckerfalle.

Stärke ist ein langkettiges Kohlenhydrat und kommt in Weizen, Mais oder Kartoffeln vor. Die Nahrungsmittelindustrie nutzt sie zum Beispiel als Verdickungsmittel. Auch das brauche ich nicht in meinem Salat.

Weiter geht’s mit jodiertem Speisesalz: Natürlich gehört in jeden guten Salat auch Salz. Doch ich möchte gerne selbst bestimmen, wie viel Salz ich esse, denn auch Salz findet sich sehr häufig, genau wie Zucker, in vielen Fertigprodukten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt als Orientierungswert bis zu 6g Speisesalz pro Tag, das entspricht ungefähr einem Teelöffel. Durch den Konsum von Fertigprodukten mit beigefügtem Salz hat man keine Kontrolle und isst schnell mehr als 6g.

Dieses Maltodextrin, das an vierter Stelle stand, ist nichts anderes als Zucker. Die Lebensmittelindustrie kennt nämlich unzählige verschiedene Namen für Zucker (s. Liste „Zucker hat viele Namen“ auf meinem Blog zum Download) und da die meisten Verbraucher diese Namen eben nicht mit Zucker in Verbindung bringen, darf ich hier guten Gewissens behaupten, dass uns das klammheimlich untergejubelt wird.

Auch hinter Rohrohrzucker, Milchzucker und Gerstenmalzextrakt verbirgt sich schlicht und einfach Zucker.

Es lohnt sich also wirklich, dass man sich die Produkte, die im Einkaufskorb landen, genauer ansieht. Denn leider sind diese Salatkräuter keine Ausnahme:    

 

Versteckter Zucker in unserem Alltag – der unsichtbare und hinterhältige Feind

In 80% aller Lebensmittel aus dem Supermarkt steckt Zucker! Eine erschreckend hohe Zahl.  

Dass ein zu hoher Zuckerkonsum Übergewicht, Diabetes mellitus Typ II, Herzinfarkt, Gicht, Nebennierenschwäche, Autoimmunkrankheiten, Migräne, Schlaganfall und weitere schlimme Krankheiten verursachen kann, haben viele Menschen zumindest schon mal gehört. Aber zusätzlich hat er auch noch negative Auswirkungen auf unsere Hirngesundheit: Essen wir zuckerhaltige Lebensmittel, steigt der Blutzuckerspiegel an. Dabei gilt: Je zuckerhaltiger, je höher. Hohe Blutzuckerspiegel können zu Ablagerungen an den Gefäßwänden führen. Diese Ablagerungen verengen die Gefäße. Die Blutzufuhr wird weniger und damit auch die Nährstoffe, die im Blut vorhanden sind. So sind die Gehirnzellen nicht mehr ausreichend versorgt. Eine mögliche Folge ist die gefäßbedingte vaskuläre Demenz. Daran erkranken in Deutschland jährlich zwischen 40.000 und 60.000 Menschen.

Dabei muss ganz klar gesagt werden: Zucker, in Form von Glukose, braucht das menschliche Gehirn, um gut funktionieren zu können. Die Glukose bekommt unser Körper aus Kohlenhydraten. Diese spaltet er im Laufe der Verdauung immer weiter auf und so entsteht das Endprodukt: die Glukose. Essen wir komplexe Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten oder Gemüse, ist unser Körper länger mit der Spaltung beschäftigt als mit der Verdauung von einfachen Kohlenhydraten aus Weißmehlprodukten oder Haushaltszucker. Je komplexer und gesünder die Kohlenhydrate, desto länger dauert die Verdauung und desto langsamer steigt der Blutzuckerspiegel an. Wir sind länger satt und haben weniger Heißhunger. Das heißt also: Unser Gehirn und auch andere Organe brauchen zwar Glukose, aber die „beste“ Glukose entsteht aus der langsamen Verdauung von gesunden und komplexen Kohlenhydraten.    

 

Tipps: So erkennen Sie versteckten Zucker und entlarven die Tricks der Lebensmittelindustrie

Zuerst einmal stellt man sich die berechtigte Frage: Warum mischt die Lebensmittelindustrie überhaupt Zucker in so viele Produkte? Zucker ist relativ günstig, macht Nahrungsmittel länger haltbar und ist ein Geschmacksverstärker. In Fruchtjoghurts zum Beispiel kann Zucker einen Teil der teuren Früchte ersetzen. Es geht also in erster Linie ums Geld, klar.

Um nun versteckten Zucker zu meiden, sollte man so viel wie möglich selbst kochen. Dann weiß man, was drinsteckt und kann Zucker weglassen oder reduzieren. Da das natürlich im stressigen Alltag oft nicht möglich ist, kann man schon beim Einkaufen auf Folgendes achten:

Ø  Sieht man sich die Liste mit den vielen Zuckernamen genauer an (s. Liste „Zucker hat viele Namen“ auf meinem Blog zum Download), fällt auf: Viele Namen enden auf -ose. Produkte mit diesen Zutaten also meiden.

Ø  Auch gesund und natürlich klingende Zutaten wie Honig, Agavendicksaft, Apfelfruchtsüße oder Traubenfruchtsüße sind zuckerhaltig. Produkte, die damit zugesetzt sind, sollten gar nicht erst im Einkaufskorb landen.

Ø  Dass süß schmeckende Lebensmittel wie Limonade, Marmelade, Schokolade, Kekse oder auch Fruchtjoghurts Zucker enthalten ist bekannt. Aber auch sauer schmeckende Konserven wie rote Beete im Glas, Essiggurken oder Feinkostsalate und Wurstwaren können Zucker enthalten. Auch im Toastbrot, im Knabbergebäck, im Zwieback oder im Ketchup vermutet man erstmal keinen Zucker. Hier hilft nur der Blick auf die Zutatenliste.

Ø  Fertigprodukte bzgl. der Inhaltsstoffe vergleichen: Senf und Tomatensoßen zum Beispiel enthalten oft viel Zucker. Aber es gibt auch Produkte, die keinen Zucker enthalten. Das kostet am Anfang beim Einkauf zwar etwas mehr Zeit, aber bald hat man leckere Alternativen ohne Zucker gefunden und greift beim nächsten Supermarktbesuch direkt ins richtige Regalfach.

Ø  Diese Bezeichnungen sind gesetzlich geregelt: „Zuckerarm“ heißt, dass im Produkt max. 5g Zucker je 100g erlaubt sind. „Zuckerfreie“ Produkte dürfen gesetzlich sogar einen Restgehalt von 0,5g Zucker je 100g bzw. je 100ml enthalten. „Zuckerreduziert“ heißt, dass der Zuckergehalt mind. 30% niedriger sein muss als bei vergleichbaren Produkten. Die Bezeichnung „ohne Zuckerzusatz“ bedeutet nur, dass dem Produkt kein zusätzlicher Zucker zugesetzt wurde. Es kann aber natürlichen Zucker enthalten. Man merkt, dass sich hinter all diesen noch so gesund klingenden Bezeichnungen Produkte mit Zucker verstecken können.   

Ø  Vorsicht bei solchen Werbeversprechen: „Mit natürlicher Fruchtsüße“, „Süße nur aus Früchten“, „weniger Zucker“, „weniger süß“ – Fruktose, also Zucker aus Früchten, ist erstmal nicht besser oder schlechter als „normaler“ Zucker. Und das Wort „weniger“ kann viel bedeuten, sagt aber noch nichts über die tatsächliche Zuckermenge aus.


Mit diesen Tipps landest Du nicht in der Zuckerfalle und erkennst versteckten Zucker

Natürlich besteht das Leben aus viel mehr als nur Verzicht. Man darf auch ohne schlechtes Gewissen mal Süßes bewusst genießen. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt einem Menschen, der etwa 2.000 kcal pro Tag braucht, nicht mehr als 10% davon, also max. 50g freien Zucker pro Tag zu essen. Auf ihrer Homepage schreibt die DGE weiter: „Dazu zählen Monosaccharide und Disaccharide [Anmerkung der Redaktion: z. B. Haushaltszucker, Milchzucker oder Rübenzucker], die Hersteller oder Verbraucher Lebensmitteln zusetzen sowie in Honig, Sirupen, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentraten natürlich vorkommende Zucker.“ Natürlich gilt: Je weniger Zucker, desto besser.

Im Alltag hält man sich am besten an die Regel „maximal eine Portion pro Tag“. Beispiele für eine Portion sind:

Ø  Ein Glas Limonade

Ø  Eine Kugel Vanilleeis

Ø  Ein Müsliriegel

Ø  Zwei Pralinen

Ø  Drei kleine Kekse Spritzgebäck

Ø  Ein Doppelkeks

Ø  Eine Reihe einer Schokoladentafel

 

Hirngesund essen – lecker, bunt, vielseitig und ohne versteckten Zucker

Jetzt kommt noch eine gute Nachricht: Jeder Mensch kann, neben der Reduzierung des eigenen Zuckerkonsums, selbst viel für seine physische und psychische Gesundheit tun. Von den folgenden Tipps profitiert nicht nur das Gehirn, sondern der ganze Körper:

Ø  Viel Gemüse: Die Hälfte des Tellers sollte mit Gemüse gefüllt sein. Dabei gilt die Faustregel „je bunter, desto besser“. Zusätzlich mindestens dreimal pro Woche Hülsenfrüchte essen.

Ø  Bei Obst vor allem zuckerarme Obstsorten wie Beeren, Wassermelone, Aprikosen, Pflaumen, Orangen, Kiwi, Birne oder Apfel konsumieren.

Ø  Täglich eine Handvoll Nüsse oder Samen essen.

Ø  Hochverarbeitete Lebensmittel meiden. So kommen versteckter Zucker und andere Zusätze gar nicht erst auf den Teller.

Ø  Gesunde Öle wie Olivenöl, Rapsöl, Leinöl, Walnussöl verwenden.

Ø  Fermentierte Lebensmittel wie Naturjoghurt, Kefir oder Kimchi regelmäßig essen.

Ø  Fetten Seefisch wie Wildlachs, Makrele oder Hering konsumieren. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt pro Woche 1-2 Portionen.

Ø  Mit Kräutern, Knoblauch und Zwiebeln würzen. So kann man Kochsalz reduzieren.

Ø  Vollkornprodukte statt Weißmehlerzeugnisse essen.

Ø  Zucker reduzieren, (s. Liste „Zucker hat viele Namen“ auf meinem Blog zum Download). Bei Heißhunger lieber auf zuckerarmes Obst zurückgreifen als auf Süßigkeiten.

Ø  Möglichst wenig Fleisch essen. Die deutsche Gesellschafft für Ernährung empfiehlt nicht mehr als 1 Portion Fleisch (ca. 120 g) und 1 Portion Wurst (ca. 30 g) pro Woche.

Ø  Mindestens 1,5 Liter am Tag trinken, am besten Wasser und ungesüßten Tee. Limonaden, Softdrinks und Smoothies mit viel Obst meiden.

Ø  Snacks vermeiden: Essen Sie 2-3 gesunde Hauptmahlzeiten pro Tag.    

 

Zurück zu den Salatkräutern: Viele Hersteller bieten getrocknete Kräuter natürlich auch ohne (Zucker-)Zusätze an. Sowohl einzelne Kräuter als auch Kräutermischungen stehen im Supermarkt meist im Gewürzregal. Wer mag, kann sich so seine ganz eigene Kräutermischung nach persönlicher Vorliebe zusammenstellen.

Dass die kleinen Beutel vom Trailrun meines Mannes mit dem – ich nenne es mal „Zucker-Kräuter-Gemisch“ - im Müll gelandet sind, tut mir noch heute weh. Denn Lebensmittelverschwendung versuche ich mit aller Kraft zu vermeiden. Die wenigen Kräuterbrösel hätten es wirklich verdient mein Salatdressing aufzuwerten. Um den versteckten Zucker tut es mir aber nicht leid.

 


 

Quellen:

-          Gillespie KM, White MJ, Kemps E, Moore H, Dymond A, Bartlett SE. The Impact of Free and Added Sugars on Cognitive Function: A Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients. 2023 Dec 25;16(1):75. doi: 10.3390/nu16010075. PMID: 38201905; PMCID: PMC10780393.

-          Ernährung ohne Zucker: So geht's | NDR.de - Ratgeber - Kochen (letzter Zugriff: 02.12.24)

-          Zu viel Zucker versalzt die Hirngesundheit (hirnstiftung.org) (letzter Zugriff: 02.12.24)

-          Bundeszentrum für Ernährung, „Zucker bewusst genießen, Modul für die Ernährungsberatung“

-          Empfehlung zur maximalen Zuckerzufuhr in Deutschland | DGE (letzter Zugriff: 02.12.24)

-          Speisesalz | DGE (letzter Zugriff: 02.12.24)

-          Smollich, Martin: Das große Praxisbuch der Ernährungsmedizin, 2. Auflage 2022, Verlag Gräfe und Unzer, München, ISBN 978-3-8338-7915-9

-          Zuckerarmes Obst: 16 Sorten im Vergleich | EAT SMARTER (letzter Zugriff: 02.12.24)

-          Fisch, Fleisch, Wurst und Eier | DGE (letzter Zugriff: 02.12.24)

-          Gelier- und Verdickungsmittel- BZfE (letzter Zugriff: 02.12.24)

 
 
 

Kommentare


bottom of page